Meine folgende Ballade "Der Clown"

wurde seit 2012 bereits mehrfach in versch. Bundesländern in Schulbüchern im Fach Deutsch aufgenommen, worauf ich natürlich sehr stolz bin :-) 

Ebenso gewann ich mit ihr 2010 einen Poetenwettstreit in Lage/NRW

 

 

 

Der Clown

 

…Hoppla ho…

 ……………..Hoppla ho…

 steht auf seinem Spiegel in großer Schrift,

 geschrieben mit rotem Lippenstift;

 noch einmal steht er heut Abend davor,

 schminkt sich, wie tausende Male zuvor,

 ganz dick trägt er die Farbe auf,

 als könnte sie aufhalten den Verlauf.

 Ein kräftiges Rot für die Wangen,

 weiß hält die Augenlieder gefangen

 und umrandet grell seinen Mund,

 der knallrot ziert diese einsame Stund´.

 

Flachs, der Clown, ist müde und alt,

 seinen letzten Auftritt hat er jetzt bald;

 zwei traurige Augen sehen ihn an,

 sehen einen alten, einsamen Mann,

 eine salzige Träne, noch herzensheiß,

 läuft über das Rot ins grelle Weiß,

 zeichnet eine glitzernde Rosaspur

 als untrügliche Tränengravur -

 bis in den Rüschenkragen sie rinnt,

 der  gierig sie für immer verschlingt.

 

 Sein abendliches Hoppla ho… hoppla ho

 und die Manege – werden fehlen ihm so,

 tiefe Trauer sein Herze umschlingt.

 weil dieser Ruf dann nie wieder erklingt;

 die Seele wird grade ihm aufgefressen,

 wie nur soll er das alles vergessen?

 Ganz eng wird ihm die Atemluft,

 weil nie mehr die Manege ruft;

 um Luft muss eben er ringen,

 wird ihm diese Stunde noch gelingen?

 

Er schlägt sich auf die schmale Brust,

 sucht nach seiner Lebenslust -

 „altes Herz – noch eine Stunde,

 schenk mir diese letzte Runde,

 schlag… - oh schlag…

 lass mir gelingen diesen Tag,

 geh mit mir die letzten Schritte

 in des Lebens bunte Mitte,

 hinaus ins grelle Manegenlicht;

 ich vergesse all die Kinder nicht,

 will den Glanz in ihren Augen sehen,

 bevor du ganz wirst stille stehen.

 Altes Herz… schlag mir noch eine Stunde,

 schenk mir diese letzte Runde!“

 

- Und es schlägt –

 

Er klebt die übergroßen Wimpern an,

 noch verlorener wirken seine Augen dann;

 traurig steigt er in seine Pluderhose,

 Jahre schenkten beide sich, zahllose,

 noch einmal, ein letztes Mal –

 die Gedanken werden ihm zur Qual.

 Da – ein Lächeln zieht über seinen Mund,

 als er streichelt seinen Hosenbund –

 noch einmal, ein letztes Mal -

 und auch die Seele überzieht diese Qual.

 

Gnadenlos zeigt ihm die Uhr die Stunde,

 hinaus muss er, zur letzten Runde,

 es schlottern ihm die schwachen Beine -

 und den Weg geht er alleine.

 „Kraft, oh Kraft, verlass mich nicht,

 noch eine einzige Stunde trage mich,

 hinaus in meine bunte Welt,

 dorthin, wo nur das Lachen zählt,

 lass mich das Glück noch einmal sehen,

 dann kannst du für immer gehen.“

 

Er weiß nicht recht wie ihm geschieht –

 taktvoll sein Herz seine Pflicht vollzieht,

 seine Kraft trägt ihn hinüber zum Zelt,

 in seine geliebte, bunte Manegenwelt.

 Schon hört er die Kinderstimmen,

 die sofort wieder sein Herz erklimmen,

 er riecht den Duft seines Lebens,

 nie rief er nach ihm vergebens;

 die Trommeln wirbeln vereint -

 … aber seine Seele weint.

 

„Hoppla ho… hoppla ho…“

 So stolpert er auf die Menschen zu –

 und schon gehören ihm alle Herzen,

 doch keiner spürt seine Schmerzen,

 denn es lacht wie immer sein Gesicht,

 er vergisst bald, dass es die letzte Stunde ist.

 

„Hoppla ho… hoppla ho…“

 Wieder fällt er über seinen großen Schuh -

 und keiner merkt in all dem Lachen,

 dass seine Beine ihm Probleme machen,

 dass er das Aufstehen beinahe nicht schafft,

 denn es verlässt ihn langsam seine Kraft;

 

 Hoppla ho… hoppla ho…

 sein Herz verliert den Takt dazu,

 hoppla ho… hoppla ho…

 die letzte Stunde verlässt ihn im Nu.

 Unter all der Schminke wird er blass,

 die Kinder glauben noch an Spaß -

 und als der Salto ihm nicht mehr gelingt,

 er mit seinem letzten Atem ringt,

 die Angst ergreift die Seele pur -

 da bleibt nur die rosa Tränenspur.

 

Lautes Lachen durch die Manege hallt,

 Applaus, Applaus – geballt;

 so ist sie, die Manegenwelt,

 doch Flachs steht nun vorm andern Zelt;

 

 „Hoppla ho… hoppla ho…“

 So fällt er über seinen großen Schuh

 ins Himmelszelt hinein,

 `s wird seine letzte Manege sein.

 Hoppla ho… hoppla ho…

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Die nachfolgende Ballade ist meine persönliche Lieblingsballade:

 

Der Leuchtturmwärter von „Le Four“

    

  Er war nicht mehr jung, der Leuchtturmwärter von „Le Four“,

Jean-Pierre hieß er, stand kurz vor‘m Ablauf seiner Erdenuhr,

hätt er’s gewusst, hätt’s Freudentränen ihm entlockt,

Herz und Seele hätten im gemeinsamen Taumel frohlockt.

Seit Marie verstorben, seine Frau, die alles ihm war,

fehlte ihre Liebe, mit seinem Leben kam er nicht mehr klar,

in seinem leeren Haus am Strand konnt‘ er nicht mehr sein,

auf dem Festland, ohne Marie, fühlt‘ er sich einsam und allein,

lieber war er auf seinem Leuchtturm, „Le Four“ genannt,

zwei Seemeilen vor der Küste, im Atlantik, vor bretonischem Land.

Auf dieser kleinen Granitinsel fühlte er sich unendlich frei,

stets war ihm, als sei seine geliebte Marie ganz nahe ihm bei,

im Lebenslauf der Gezeiten, in des Meeres speiender Kraft,

war sie bei ihm, um ihn, in ihm, wenn auch nur feenhaft,

oft hörte er ihre Stimme in den Wellen, im lauten Rauschen,

zart klang sie hindurch, stundenlang konnte er ihr lauschen.

Wenn seinen Namen sie rief und flüsterte, dass sie ihn liebe,

dann wünschte er von Herzen sich, dass die Zeit stehen bliebe,

in manchen Bildern, die wild schäumende Gischt ihm gebar,

sah er Maries’ wunderschönes Antlitz, sie lächelte fürwahr,

auch des Nachts, am himmlischen Firmament sah er sie,

zwischen all des Himmels Sternen war sie schön wie noch nie.

Selbst ihre Wärme spürte er, es war die Sonne, die sie ihm schenkte,

Marie sang ihre Lieder ihm, bis eine stürmische Welle sie versenkte,

oft war er allein hier, jedoch war niemals er einsam,

nur hier noch lebte er Tage und Nächte mit seiner Frau gemeinsam.

Wenn er schlaflos im Bett lag und aus des Leuchtturms Fenster sah,

durch diese kleinen Scheiben, auch dann war sie ihm ganz nah,

manch Traumes Gnade gar legte Marie in seine wartenden Arme,

er roch ihren Duft, fühlte ihr Haar, spürte seine Frau, die Warme.

Dann fühlte er stark sich, war glücklich und trotzte dem Leben,

wie „Le Four“, sein Leuchtturm, in seinem Himmelhochstreben,

an dem oft die größten Wellen sich brechen, ihn ganz verdecken,

er trotzt beständig, lässt Wellenzungen wund sich an ihm lecken.

Im vorletzten Jahrhundert aus bretonischem Steine gebaut,

vor Gefahren die Schiffe warnt, weit übers Meer hinaus schaut,

den sicheren Heimweg blitzt beständig er jedem Fischer,

ein tiefer Ton seines Horns durchdringt die Nebelwand sicher.

So schenkt „Le Four“ auch Jean-Pierre ab und zu Stunden,

die beinahe er glücklich, trotz seiner tiefen Herzenswunden,

drum weilt er hier, mag aufs Festland längst nicht mehr gehen,

hier nur kann seine Marie er hören, kann sie fühlen und sehen.

 

Und so geschah es in einer stürmischen Nacht,

Jean-Pierre und sein Leuchtturm hielten eisern die Wacht,

das Meer tobte wild, hoch trieb der Sturm dessen Wellen,

schlug sie gegen „Le Four“, dass es klang wie donnern und bellen.

Ein alter Fensterladen, der noch nicht ward verschlossen,

schlug immer wieder auf und zu, brüllte in die Nacht unverdrossen,

laut schrie das Meer nach ihm, Jean-Pierre hörte es nicht,

schlug immer wieder gegen die Eingangstür, löschte aus das Licht.

Es kratzte an „Le Four“, wollte Steine und Leben ihm rauben,

die Wellen überschlugen sich, ließen ächzen seine alten Schrauben,

die Gischt spie beständig weiße Schaumkronen in sein Licht,

der Leuchtturm jedoch lachte mitten in des Teufels Gesicht.

„Mich holst du nicht, bin stärker und warne weiter vor dir,

all die kleinen Fischer, die großen Schiffe weit unter mir,

du kannst bäumen dich, kannst schreien, speien und toben,

all meine Kraft und Stärke sind lang schon sagenumwoben.“

 

Wer in dieser Nacht „Le Four“ hat gesehen,

der weiß, dass er verhindern wollte, was dann ist geschehen,

tief in die Hüften stemmte er seine Arme, stand breit und schwer,

wollte schützen Jean-Pierre, der jedoch spürt‘ ihn nicht mehr,

denn es rief Marie mit leiser Stimme ihn beim Namen.

Durch die Wellen, die er sah, die schreiend und speiend herankamen,

sah er ihr geliebtes Antlitz, das stets näher ihm kam,

dass sein Herz, seine Seele erneut gefangen nahm.

„Oh komm, mein Geliebter, lang schon wart‘ ich auf dich,

diese wilde Nacht ward geboren nur für dich und mich,

leg‘ dich behutsam in die weichen Arme der Wellen,

die verzweifelt dich suchen, ständig sich zu dir gesellen,

ich warte auf dich in der Endlosigkeit aller Gezeiten,

komm zu mir, du musst nur die hohen Wellen begleiten.“

 

Das Herz von Jean-Pierre fing wild an zu pochen,

vergessen ganz schnell hundert einsame Wochen,

„zum Leuchtfeuer muss ich, ganz oben hinauf“,

einhundertachtundzwanzig Stufen nahm er im schnellen Lauf.

Die schwere Tür nach außen, er schaffte sie kaum,

denn Wellen schlugen dagegen, er jedoch war im Traum,

wollt‘ zu seiner Frau, wollt‘ mit ihr wieder leben,

nahm alle Kraft, die der Herrgott ihm je hat gegeben,

warf sich dagegen, sie sprang auf, da sah er Marie,

sie winkte ihm zu, Jean-Pierre war glücklich wie nie.

Da nahm schon die Welle ihn fest in den Arm,

riss ihn in die Tiefe, ihm wurd‘ gar ganz warm,

im Falle noch sah er den Leuchtturm ihm blinken,

mit einer Träne im Auge schien er ihm nachzuwinken.

„Bleib standhaft „Le Four“ – du mein treuer Freund,

so viele Jahre hast es gut mit mir gemeint,

doch heute will frohen Herzens ich dich verlassen,

musst auf einen neuen Leuchtturmwärter aufpassen.“

 

Und seit dieser Nacht, noch immer ist’s unbelobt,

weint „Le Four“ eine Träne, wenn das Meer wild und der Sturm wieder tobt.

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PS: Den Leuchtturm "Le Four" gibt es tatsächlich, er steht in der Bretagne/Frankreich, (Phare du Chenal du Four). Ca. 2 Seemeilen vor der bretonischen Küste steht er auf einer Granitinsel von 25 m Durchmesser. Ihn müssen Schiffe umrunden, die vom Ärmelkanal in die Iroise (Westen der Bretagne), oder umgekehrt fahren.

1874 nahm der Leuchtturm seinen Dienst auf.

Seit dieser Zeit ist er dem wilden Atlantik vor der Bretagne ausgesetzt. Es gibt spektakuläre Fotos darüber, schauen Sie mal im Netz danach.

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Nebelfischer  

 

Abend war’s, im Nebel verschwand das Boot,

am Horizont die Sonne versank heut ohne Rot,

eingehüllt war sie in ein feines milchig Grau,

im Boot saß ein Fischer, man sah ihn genau.

 

Er ruderte alleine, kräftig Zug um Zug,

bis das Paddel am Bootsrand anschlug,

dick eingemummt, den Hut im Gesicht,

trotzte beständig er der schäumenden Gischt.

 

Das Meer schickte Welle um Welle an Land,

sie überschlugen sich, betraten den Strand,

umspielten die Füße der Frau, die dort stand,

ihre Augen verlor’n sich im Meer, wie gebannt.

 

Sie hat ihn gebeten, heut bei ihr zu bleiben,

das Spiel mit dem Glück nicht auf die Spitze zu treiben,

verbracht hatte er manch gefährliche Nacht

auf dem Meer, derweil sie zu Haus hat gewacht.

 

Sie starrte noch immer gebannt auf das Meer,

es war Morgen schon und sie tränenleer,

da sah sie sein Boot, eine Welle spült’s an,

jedoch es war leer, es fehlte der Mann.

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Schwanengesang

 

Es trauert der Schwanenmann heute ein Jahr

und singt seine traurigsten Lieder fürwahr;

es senkt sich sein schlanker Hals hernieder,

es schließen sich seine Augenlider;

ganz leise erklingt sein Gesang,

voll Wehmut kriecht er am Ufer entlang.

Heiße Tränen rinnen durch sein Gefieder,

legen als Perlen auf den See sich nieder;

die Töne der Schmerzen zieh’n weit,

weit hinaus in die Unendlichkeit,

lassen die Harfen der Engel erklingen,

die weinen und leise für ihn singen -

und Engelstränen laufen ganz leis

über Engelsgesichter, die rein sind und weiß -

wie ein Zauber, in ihrem Lauf

nehmen sie alle Liebe der Engel auf.

 

Es fallen die Tränen als zarter Regen

zur Erde, dem Schwanensee entgegen,

leise und sacht legen auf den See sie sich nieder,

benetzen des traurigen Schwans weiß Gefieder –

und alle Liebe in seinem Körper klingt,

tief in sein wehes Herze eindringt.

Da hebt der Schwanenmann seinen Blick,

sein Lebensmut kehrt langsam wieder zurück -

und der Wind bringt seine traurigen Lieder

als frohen Gesang der Liebe wieder;

ein erster Sonnenstrahl ihn erreicht,

da wird es ums Herz ihm gar leicht –

es haben die Tränen der Liebe alsdann

geheilt den traurigen Schwanenmann.

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Die vergessene Kapelle

 

Fast schon Abend ist es,

als sie die kleine, uralte Kapelle betritt,

die auf einer seichten Anhöhe steht.

Spinnverwoben schon die Tür,

die, nur angelehnt, sich quietschend öffnet,

als sie vorsichtig und mit klopfendem Herzen dagegen drückt.

Ihr Blick schweift in das Innere des kleinen Raumes,

der lichtdurchflutet auf sie zu warten scheint,

der eine Wärme in seinen Händen hält,

ihr seine Hände entgegenstreckt,

sodass ein wohliger Mantel sie sogleich umhüllt.

Ein Gefühl durchläuft sie,

das sie schon lange nicht mehr gespürt hat,

so reicht sie ihre zittrigen Hände und tritt ein,

andächtig und ehrfürchtig.

Geführt von dem Licht, der Wärme und ihren Gefühlen,

lässt sie sich auf einer der drei kleinen Bänke nieder

und nimmt diese Ruhe, diese Stille in sich auf.

Ganz in diesen Raum versunken

denkt sie an Menschen, die einst kamen,

um Zwiesprache mit ihrem Gott zu halten ~

ihr Herz und ihre Seele öffnen sich

und sie erspürt die unendlich vielen Gebete,

die hier gesprochen, geflüstert und gedacht wurden,

sie fühlt sich ganz in ihnen verloren.

Da sind Gebete, die noch immer in Unruhe kreisen,

die wohl nie einer erhört,

die wohl nie einer erfüllt hat.

Da sind Wünsche und heiße Sehnsüchte,

da ist Kummer und tiefes Leid,

da ist Trauer und auch Not.

Still und leise aber lächeln die Worte der Liebe sie an,

schleichen sich in ihr Herz,

Worte, vor einer Ewigkeit den Lippen entsprungen,

Schwüre und Versprechen ~

und zaghaft zarte Küsse.

 

Und sie sieht sich stehen in dieser vergessenen Kapelle,

eingehüllt in die Arme ihres Liebsten,

vor nunmehr endlos vielen Jahren,

als sie sich ewige Liebe versprachen,

Liebe, die sie trug durch ihr ganzes Leben,

bis der Tod ihn von ihr trennte,

Liebe, die sie noch heute erfüllt.

Nun ist sie so unendlich müde

und ihr Herz ruft immer lauter nach ihrem Liebsten,

um für alle Zeiten an seiner Seite zu sein,

mit ihm gemeinsam in der Unendlichkeit zu weilen.

 

Und als sie in Gedanken schon bei ihm ist,

als sie seine Wärme spürt,

seine Lippen auf den ihren schmeckt ~

da schlägt ihr Herz für diese Welt nicht mehr.

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Des Kindes Erlösung       

 

Und vor der Madonna, da kniete das Kind,

ihr war ihr junges Herz gar so schwer,

von der Mutter verlassen, sie ging tränenblind

und sagte ihr, dass sie käm‘ nimmer mehr.

 

Der Vater ein Trinker, die Last war zu groß,

zu schwach war’n der Mutter Knochen,

die Arbeit zu schwer, zu hart dieses Los,

Körper und Seele waren fast schon zerbrochen.

 

„So nimm mich doch mit dir“ – flehte das Kind,

„es ist mir unmöglich, werd selbst hungern müssen“,

sagte die Mutter und eilte geschwind,

heiße Tränen flossen in des Kindes Kissen.

 

So geschah es vor etlichen Wochen schon,

ausgezehrt war die Kleine in Seele und Herz,

abgemagert der Körper der kleinen Person,

todmüde war sie, ihr Leben nur Schmerz.

 

Der Vater war täglich betrunken nur,

er hörte ihr Jammern und Klagen nicht,

von ihrer Not sah er nicht die geringste Spur,

sah nie ihr ständig verweintes Gesicht.

 

Vereinsamt das Kind, dem Tode schon nah,

aus Verzweiflung in sich selbst verschlossen,

niemand da, der ihr großes Leid auch nur sah,

Tränen nur still aus den Augen flossen.

 

Da kam die Madonna ihr in den Sinn,

die lange wohl schon in der Kammer steht,

Sehnsucht nach der Mutter zog die Kleine da hin,

zu ihr, die ewig ihr Kind bei sich trägt.

 

„Madonna, du heilige Mutter, hör zu,

du hältst dein Kind, drückst fest es ans Herz,

meine Mutter ist fort, sucht woanders die Ruh,

überließ mich allein meiner Angst, meinem Schmerz.“

 

„Ach Mutter, du heilige Mutter mein“,

-eine kleine Träne betrat ihre Wange -

„so nimm mich doch zu dir, lass bei dir mich sein,

dann ist um den Tod mir nicht bange.“

 

Des Kindes Kummer die Madonna erspürte,

ihr kleines, zerrissenes Seelenkleid,

und als die Kleine sie gar mit dem Finger berührte,

ward ihre Seele zum Buch, geschrieben von Leid.

Da rief die Madonna die Engelschar an,

zu erlösen das Kind von dem Leid,

sie kamen und trugen die Kleine alsdann,

lächelnd in eine bessere Zeit.

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Haus am Deich

 
Er steht hoch oben auf dem Deich,

unter ihm liegt ruhig Neptuns Reich,

am Horizont geht grad die Sonne auf,

begrüßt des jungen Tages Lauf,

weit entschweifen seine Gedanken,

nichts hält sie auf, ´s gibt keine Schranken.

Heut kommt sie nun zu ihm zurück,

heut bringt das Schiff zurück sein Glück,

viel zu lange war er allein,

konnt’ ohne sie nicht glücklich sein.,

vor Jahren hat sie ihn verlassen,

bis heute konnte er’s nicht fassen.

Sie hatten sich ihr Herz versprochen,

nur sie hat diesen Schwur gebrochen,

das Deichhaus war ihr viel zu klein,

das Dorf zu eng, zu alt das Gestein,

so jung war sie und voller Leben,

Freiheit war damals ihr Bestreben.

Es trieb sie in ein fernes Land,

an eines andern Mannes Hand.

 

Er blieb in seinem Haus am Deich,

in dem ihm wohl vertrauten Reich,

nie hätt er’s übers Herz gebracht,

es reicht’ auch nicht der Liebe Macht,

in einem fremden Land zu leben,

das Haus am Deiche aufzugeben.

Er braucht den Blick weit übers Watt,

wird diesen Anblick niemals satt,

die raue Luft, das weite Land,

die Felder aus seines Vaters Hand,

so hat auf Liebe er verzichtet,

fühlt’ sich in Treue stets verpflichtet.

Die Zeit unter seinen Händen zerrann,

nun ist er schon ein alter Mann.

 

Heut endlich kommt seine Liebe heim,

sie war’s für ihn, nur sie allein,

vor Wochen schrieb sie einen Brief,

dass laut die Heimat nach ihr rief,

ihr altes Dorf vermisse sie sehr,

drum käme bald sie über das Meer.

Nie hätte sie ihr Glück gefunden,

es wären nie verheilt die Wunden,

der Treuebruch, den sie begangen,

hätt’ all die Jahr’ ihr Herz gefangen,

nur eine Sehnsucht wär’ geblieben,

denn immer noch würd’ sie ihn lieben.

Sie wär alt und an Zeit nicht mehr reich,

möcht' leben mit ihm im Haus am Deich.

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In Liebe geborgen 

  

Ein glückliches Ehepaar war‘n sie seit Jahren,

noch jung, wollten gemeinsam viel erfahren,

schmiedeten frohen Herzens Traum um Traum,

in den Himmel wuchs scheinbar so mancher Baum,

sie waren beide in wahrer Liebe geborgen,

freuten täglich sich gemeinsam auf morgen,

unbeschwert waren fast alle ihre Stunden,

noch trug ihre Liebe keinerlei Wunden,

da trat in ihre glückliche Zweisamkeit,

unerwartet das Schicksal seiner Krankheit.

Sie zitterten und beteten eng umschlungen,

von Ängsten vor Einsamkeit tief durchdrungen,

„was wird das Schicksal uns beiden nun bringen?

Lass uns kämpfen, lass uns mit ihm ringen!“

 

Schwer war’n die Stunden… Tage… das Jahr,

über den Herzen schwebte lang die Gefahr,

auf immer und ewig getrennt zu werden,

die Lieb zu verlieren für das Leben auf Erden,

wortlos schwor’n  sich ihre Seelen die Treue,

doch auch Hoffnung wuchs ständig auf’s Neue,

zweisame Stunden wurden zu kostbarem Gut

und mit den Tagen wuchs langsam der Mut,

den Kampf zu gewinnen, nicht aufzugeben,

dem Schicksal abzuringen ein längeres Leben.

Das gemeinsame Kämpfen, es hat sich gelohnt,

die Krankheit zwar weiterhin in ihm wohnt’,

jedoch hat die Medizin es möglich gemacht,

dass auch für die Zukunft ihre Liebe lacht,

die daran gewachsen,  in höhere Sphären,

als wollt sie ständig sich erneuernd gebären,

das Glück, es kehrte zurück in ihr Heim,

mehr denn je war’n sie ineinander daheim.

 

So spürten sie nicht das Damoklesschwert

über sich schweben, ´s blieb lange unbemerkt,

denn zu tief war die Freude, weiter zu leben,

der Liebe vermeintlich neue Nahrung zu geben.

Zu jung jedoch wurd’ ihm die Chance genommen,

als Mann im Berufe weiter zu kommen,

der böse, beständige Geist Veränderung,

nagte Jahre in ihm, ständig mit neuem Schwung.

Sie wägte noch immer ihre Ehe im Glück,

doch die Jahre fraßen davon, Stück um Stück,

denn der Mann verschloss sich immer mehr,

fühlte nutzlos sich und grämte sich sehr.

Als sie das sah, schenkt‘ sie ihm noch mehr Liebe,

wollt’ schützen ihn, im chaotischen Weltengetriebe,

er ließ es nicht zu, verschloss Seele und Herz,

schenkte schließlich ihr nur noch Liebesschmerz,

es half kein Reden, kein Jammern und Klagen,

keine Bitte, den Neuanfang zu wagen.

Sie wusste genau, er liebt sie noch immer,

das machte letztlich doch alles nur schlimmer,

ihr Herz schrie nach Liebe, kämpft’ gegen das Sterben,

trotz allem fand täglich sie mehr Liebesscherben,

zu zweit waren sie… und doch jeder allein,

da drohte zu werden ihre Seele zu Stein,

es fehlten ihr Wärme und Geborgenheit,

ein liebes Wort, eine Streicheleinheit.

Sie gab den Kampf nicht auf, suchte immer zu reden,

versuchte, ihn aus seiner Litargie zu heben,

legte ihr Herz und ihre Seele immer wieder offen,

was wäre das Leben ohne stets neu zu hoffen?

Voll Hoffen und Bangen verging Jahr um Jahr,

das Leben ohne wirkliches Leben war,

der Mann schien im Herzen versteinert zu sein,

ließ keinen Funken Liebe hinein,

sie spürte die wertvollen Jahre zerrinnen,

niemand würde sie ihr wieder bringen,

oft war sie der Verzweiflung ganz nah,

wenn sie das Leben davonlaufen sah.

 

Nach vielen Jahren war sie so weit,

wollte lösen sich aus dieser Einsamkeit,

sie teilte ihm mit, dass bald sie gehe,

wenn er nicht endlich ihre Nöte einsehe,

sie ließ auch nicht aus, bei ihm zu erwähnen,

dass bald sie ertrinke, in ihren eigenen Tränen,

sein Herz jedoch war so abgekühlt,

dass ihre Verzweiflung er nicht mehr fühlt’,

so blieb ihr, wollt sie noch weiter leben,

nichts anderes, als diese Ehe aufzugeben.

Als sie dann ging und er es wirklich glaubte,

beinahe den Verstand es ihm raubte,

doch dann war längst es viel zu spät,

Leere war in ihre Seele, in ihr Herz gesät.

 

Ein paar Jahre mussten dann vergehen,

bis sie neuer Liebe ins Auge konnt sehen,

sie langsam sich wieder geborgen fühlte,

nicht ständig die Einsamkeit in ihr wühlte.

Unvergessen jedoch bleiben zahllose Wunden,

die Trägheit nicht enden wollender Stunden,

die so leer waren und so fern von Liebe,

ungelebtes Leben voll inniger Triebe,

die schrieen nach Wärme, nach Zweisamkeit,

in einer verzweifelten Öde und  Einsamkeit.

Der Mann hat die Trennung zum Grund genommen,

den verschmähten Alkohol zum Freunde gewonnen,

was seine Krankheit aufs Neue dann nährte

wogegen er sich nicht einmal wehrte,

sie stand auch dann noch als Freund ihm zur Seite,

weil sich ihr Herz nicht von ihm befreite,

der Tod holte ihn an einem Sonntagmorgen,

nun ist er wieder in Liebe geborgen.

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Nur ein Augenblick

 

 Sie ist zerbrochen, waidwund, ihr Herz ist leer,

Tränen laufen warm, doch sie spürt sie nicht mehr,

hier steht sie, hat noch immer den Brief in der Hand,

den sie vor Stunden in seiner neuen Jacke fand.

 

"Mein Herzallerliebster" - so steht dort geschrieben,

"wie konnt ich all die Jahre nur ohne dich leben?

Meine Liebe zu dir ist unendlich tief,

nachdem viele Jahre sie ruhte und schlief,

all zu lange hab ich gehofft, oft geweint,

hab geflucht, weil das Schicksal es nicht gut mit mir meint.

Nun haben endlich wir uns wieder gefunden,

vergessen sind für mich all die traurigen Stunden,

du schenkst aufs Neu mir wahre Liebe und Glück,

für unsere beiden Herzen gibt es kein Zurück,

drum löse doch bitte dein Versprechen nun ein,

sag deiner Frau, dass deine Liebe nur Schein,

sag ihr, dass schon seit endlosen Wochen,

dein Herz mir gehört, wie du es versprochen.

Dann endlich kannst du mein Mann mir sein,

für den Rest unserer Tage sind wir nie mehr allein.“

 

Seit sie gelesen hat diese Zeilen der Liebe,

ist’s ihr, als ob vom Leben für sie nichts mehr bliebe,

grad war doch die Welt für sie noch voll Glück,

alles verändert hat dieser winzige Augenblick,

in dem sie den Brief an ihren Mann hat gefunden,

nicht gespürt hat sie die vergangenen Stunden,

denn leer ist ihr Kopf, ihre Seele sie schreit,

ihr Herz ist zu jeglicher Lüge bereit,

die ihre Welt wieder in Ordnung würd bringen,

die all die Worte des Liebesbriefs würd verschlingen.

Es ist unmöglich, dieser Brief ist nicht sein,

diesen Mann liebt sie, er gehört ihr allein,

heute Morgen im Gehen, da sagte er doch,

dass er sie liebe, nach all den Jahren immer noch,

sie feiern silberne Hochzeit, noch in diesem Jahr,

sind für einander da, wie es immer schon war.

Doch da sind diese Zeilen, die sprechen von Liebe,

Wort für Wort schmerzt sie, wie Peitschenhiebe,

ihr Körper bebt, ´s ist, als ob der Himmel brennt,

es toben Gefühle in ihr, die sie noch nicht kennt,

ihre Beine hat sie nicht mehr in der Gewalt,

mit einem Male fühlt sie sich schrecklich alt,

es zittern die Hände ihr wie Espenlaub,

Erde zu Erde und Staub zu Staub.

 

Da dreht sich geräuschvoll der Schlüssel im Schloss,

versetzt ihrem Herz einen schmerzlichen Stoß,

sie hat nicht gespürt all der Stunden Verlauf,

nicht wahrgenommen den nichtigen Tagesablauf.

Bleich steht sie da, am ganzen Körper zitternd,

den Geruch des Verfalls schon intensiv witternd,

als er den Raum frohen Schrittes betritt,

nicht ahnend, welche Stunden sie durchlitt.

Da sieht den Brief er, sie hält ihn noch in der Hand,

sein Blick sucht den ihren, sie schaut wie gebannt,

ihre Augen sind starr, durchbohren seine sodann,

er weiß nicht, was nun er ihr sagen kann,

er liebt sie seit Jahren, das weiß sie genau,

doch da war plötzlich diese andere Frau,

sie trafen nach vielen Jahren sich wieder

und alte Liebe fuhr erneut in die Glieder,

bis nach kurzer Verliebtheit er wusste genau,

nichts kann ihn trennen von seiner geliebten Frau

und als die Andere diesen Brief ihm schrieb,

war längst schon erloschen zu ihr seine Lieb.

 

Seit Wochen nun verdrängt er all die Gedanken,

die stets um schmerzlichen Abschied sich ranken,

doch morgen wollt er von der andern sich trennen

und nur zur Liebe zu seiner Frau sich bekennen,

nie sollt’ sie erfahren von der kurzfrist’gen Lieb,

nie wissen, dass zu der Andern es ihn trieb,

denn es war ihm nicht wirklich wichtig,

kurze Verliebtheit, im Grunde doch nichtig.

Da stand die Liebe, die mit seiner Frau ihn verband,

all diese Jahre, Herz an Herz, Hand in Hand,

viele Stunden des Glücks haben sie schon geteilt,

auch so mancher Schmerz wurd’ gemeinsam geheilt,

sie schworen sich Treue bis zum End ihrer Tage,

er brach diesen Schwur, das steht außer Frage.

Nun steht sie hier, mit dem Brief in den Händen,

er kann seinen Blick nicht von ihr wenden,

ihr trauriger Anblick trifft tief ihn ins Herz,

der Blick ihrer Augen bereitet ihm Schmerz,

er geht auf sie zu, will seine Hand ihr reichen,

will zärtlich über ihr Haar ihr gern streichen,

sie mag seine Hand nicht, weicht erschrocken zurück,

er greift erneut, geht auf sie zu noch ein Stück,

da hält sie ihm den Brief vors Gesicht,

gewichen in ihr jegliche Zuversicht.

 

Ihre Liebe verraten, ihr Herz ist gebrochen,

sie spürt, wie gewaltig ihre Schläfen pochen,

sie möchte schreien, kann doch nicht öffnen den Mund,

fühlt wie sie langsam versinkt in dem Schlund,

der ihren Körper verschlingt, ihre Seele frisst

und dunkle Einsamkeit in Jahren bemisst.

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